Kritik ist wie ein Skalpell. Richtig eingesetzt heilt sie. Falsch eingesetzt hinterlässt sie Narben.

Wie Führung gelingt, wenn es unangenehm wird: Kritikgespräche richtig führen

Kritik empfinden viele Menschen als unbequem. Für die, die sie äußern – und für die, die sie hören.
Doch gerade in Momenten, in denen etwas „nicht rund läuft“, zeigt sich wahre Führung.
In diesem Beitrag zeige ich, woran Kritikgespräche oft scheitern – und wie sie gelingen können: klar, respektvoll und wirksam.

Darum werden Kritikgespräch häufig vermieden

Die Ursachen Kritikgespräche zu meiden sind vielfältig. Häufige Ursachen sind jedoch:

  • Angst vor Eskalation: „Was, wenn der Mitarbeiter weint oder schreit?“. „Was wenn es hinterher noch schlimmer wird?“
  • Harmoniebedürfnis: „Was, wenn unser Verhältnis hinterher angeschlagen ist?“. „Was, wenn ich die Mitarbeiterin kränke?“
  • Unsicherheit über den Ablauf oder Ton des Gesprächs

Die Folge: unausgesprochene Konflikte rauben Energie. Und zwar meist dem ganzen Team. Es entsteht Frust – und zwar meist auf beiden Seiten. Es kommt zu Leistungseinbrüchen.

Kritik ist ein anderes Wort für Hilfe. Sie kann auch Hilfe zur Selbsthilfe sein. Gut geäußerte Kritik kann die Verbindung zwischen Menschen eher stärken. Machen Sie sich das bewusst, wenn es Ihnen schwerfällt, Kritik zu äußern.

Wann ein Kritikgespräch sinnvoll ist und wann nicht

Führen Sie keine Gespräche aus dem Ärger heraus. Wollen Sie nur Dampf ablassen, dann lieber kein Gespräch führen.
Ist das Verhalten eines Mitarbeitenden wirklich störend und soll verändert werden? Los geht’s: Führen Sie ein Kritikgespräch!

Was eine gute Vorbereitung ausmacht

Werden Sie sich selbst klar darüber, was Sie wirklich stört und was sich verändern soll. Sammeln Sie Fakten. Sorgen Sie für einen ruhigen Ort und gehen Sie mit einer offenen Haltung in das Gespräch. Wenn Sie meinen, Sie wüssten bereits alles über den Menschen und seine Beweggründe, reflektieren Sie zunächst noch einmal sich selbst.

Geben Sie dem Gespräch Struktur

Eine bekannte Formel ist das 3-W-Feedback. Hier werden Wahrnehmung, Wirkung und Wunsch geäußert.

Ein Beispiel:

Wahrnehmung:
„Ich habe gestern im Meeting gehört, wie du mehrfach reingesprochen hast, während andere gesprochen haben.“ (Beobachtete Fakten)

Wirkung:
„Das hat bei mir den Eindruck hinterlassen, dass andere sich nicht trauen, ihre Ideen auszusprechen. Somit entgehen uns vielleicht wertvolle Impulse für das Kundenprojekt.“ (Was macht das mit mir oder dem Team, welche Auswirkungen hat das?)

Wunsch:
„Ich wünsche mir, dass du den anderen mehr Raum gibst, bevor du reagierst.“
(Wie soll es künftig anders sein.)

Mit Hilfe solcher Strukturformeln und echten Ich-Botschaften geäußertes Feedback, wird meist leichter angenommen. Doch Achtung, es gibt Fallen. Zum Beispiel, keine echten Fakten zu nennen oder falsche Ich-Botschaften zu äußern.

Ein vorgestelltes „Ich“ macht noch keine echte Ich-Botschaft.
„Ich habe den Eindruck, du kommst immer zu spät und bist total unzuverlässig.“ Hier handelt es sich um eine Du-Botschaft.
Stattdessen könnten Sie sagen: „Da ich sehr unter Druck stehe ist es mir wichtig, dass Meetings pünktlich beginnen. Nur so kann ich meinem engen Terminkalender gerecht werden.“

Was tun bei Killerphrasen und schwierigen Reaktionen?

Tränen, Schweigen, Aggression oder Abwehr?
Fragen Sie sich: „Was steckt dahinter?“, bleiben Sie präsent und geben dem Gegenüber Raum in seinen Emotionen.

Sprechen Sie Schweigen neutral an: „Ich merke, du sagst gerade nichts. Brauchst du einen Moment?“

Reagieren Sie mit souveränen Fragen auf Killerphrasen: „Dafür bin ich nicht zuständig.“ – „Was wäre möglich, wenn du es trotzdem unterstützt?“

Erste Hilfe in schwierigen Situationen, ist also ein respektvoller Wechsel auf die Metaebene mit Beobachtungen oder Fragen.

Ihre Mitarbeitenden fühlen sich gesehen, Sie bleiben wirkungsvoll. Ein echter Dialog kann entstehen mit der Möglichkeit, gemeinsame Vereinbarungen für die Zukunft zu treffen.

Fazit: Kritik kann Verbindung stärken

Kritik gibt Mitarbeitenden die Chance zu wachsen. Sie entlastet die Führungskraft und das Team. Wenn sie respektvoll, klar und auf Augenhöhe geführt wird, kann sie die Verbindung zwischen Menschen stärken.
Wenn Sie gut vorbereitet und mit dem richtigen Handwerkszeug in Kritikgespräche gehen, werden aus unangenehmen Momenten echte Chancen für Entwicklung.